Why so serious?



Based on a True Story





Lesezeit: 3 min

 
 

Ich habe letzten Freitag kurz bei einer lieben Kundin vobeigeschaut und sah sofort an ihrem Blick: Die ist genervt. 


„Was ist passiert? Warum guckst Du so ernst?“


Normal ist sie immer freundlich und gut gelaunt, nur heute war sie ziemlich... naja, wie man eben so ist, wenn man das hier hört: „Bei uns hat heute eine Auszubildende abgesagt.“ „Fuck. Nicht gut“, entgegnete ich. „Eine von Drei ist weg. Nicht gut. Ich muss jetzt alles umorganisieren.“ Verständlich, dass sie genervt ist. 

„Ich meine, das weiss man doch nicht erst seit gestern, dass man die Ausbildung nicht antritt, oder?“ schaute sie mich an. „Nee“, sagte ich, „sowas kommt nicht aus heiterem Himmel..“


Ich erzähl dir mal eine Geschichte. 


„Ich erzähl Dir mal eine passende Geschichte dazu. Mensch, wer war das nochmal? Wer hatte das nochmal erzählt?“ Ich musste nachdenken, grübelte ... dann fiel es mir wieder ein. 

Erzählt hatte diese Geschichte Karl-Josef Laumann →, Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen. Genau der, der in der Tönnies-Sache mit dem Coronaausbruch so hartnäckig gegen die Werksverträge kämpft. Ein einfacher Mann mit klaren Zielen, dieser Karl-Josef Laumann. 

jurica-koletic-RcVzx4burTY-unsplash.jpg

Wir saßen gerade beim jährlichen Kohlessen der CDU in der Engelmannsbäke →. Laumann war dort Gastredner. Da berichtete er über die Unternehmer, die mit der immer schwieriger werdenden Suche nach Mitarbeitern und/ oder Azubis konfrontiert sind. Ein zähes Thema. 

Er berichtete von einer Gewerbeschau, wo er unterwegs war. So eine typische Leistungsschau, wo sich Unternehmen attraktiv präsentieren wollen und müssen. Eine typische Jobmesse eben. 

Dort gab – so die Beobachtung von Karl-Josef Laumann – einen jungen Bewerber, der so von Stand zu Stand zog, den Kontakt zu den Unternehmen suchte und sich informieren wollte. 



Vielen Dank, das hört sich alles sehr interessant an. 



Laumann konnte wohl eine Unterhaltung mithören, da sie – der Bewerber und der Unternehmer – ziemlich dicht dabei standen. „Vielen Dank, das hört sich alles sehr interessant an. Ich werde Sie in die engere Auswahl einbeziehen!“ 



Nur sagte dies der Bewerber in Richtung Unternehmer, nicht umgekehrt. 





Wenn Du jetzt schmunzelst, oder Du dir denkst „Das kann doch wohl nicht wahr sein ...“, dann lass Dir das das mal auf der Zunge zergehen: Es ist die bittere Realität. Das ist noch nicht einmal gnadenlose Selbstüberschätzung des potentiellen, zukünftigen Arbeitnehmers. Nein, es ist die neue Arbeitswelt, in der wir uns alle hier und jetzt befinden. Willkommen, neue Realität.



Die Welt hat sich gedreht: Welcome To The War For Talents. 



Der Amerikaner formuliert dies etwas krasser, als wir es tun würden. Dennoch, die Situation ist uns allen bewusst: Wir befinden uns in einer kritischen, explosiven Zone. Wir sind im Krieg. Zumindest haben wir es mit einem überaus kompetitivem Angebotsmarkt zu tun. Der zukünftige Mitarbeiter – ehemals “Der Bewerber genannt'“ – kann es sich aussuchen, wo er oder sie hingehen möchte. 



Jobwechseln dauert heute so lange wie ein Fingerschnipp. 



Nicht der Bewerber muss sich attraktiv präsentieren, sondern das Unternehmen muss sich dem Arbeitnehmer von seiner besten, attraktivsten Seite zeigen. Genau deswegen, damit der Arbeitnehmer auch Bock hat, bei diesem Unternehmen zu arbeiten, sich mit ihm zu identifizieren, motiviert zu sein, usw. usf. Sonst ist der potentielle Arbeitnehmer plötzlich mal weg: Von der einen auf die andere Minute. 

honey-fangs-UjcwVv_Tj44-unsplash.jpg

Damit das nicht passiert, muss das Bild des Unternehmens klar, glasklar, am klarsten sein. Ein diffuses Bild ist verschenkte Energie. Der potenzielle Arbeitnehmer will ja – zu Recht – ein klares Bild von dem Unternehmen haben, bei dem er sich bewirbt. Und von dem, was ihn dort als Benefit erwartet. Also weg vom „Was solltest du als Arbeitnehmer mitbringen?“ hin zum „Was wir dir als Arbeitgeber bieten, und zwar mehr als andere!“.



Wir bleiben dran. 



Sonnige Grüße

Jens. 



PS: Ein Kicker, ein stets prall gefüllter Obstkorb und obendrein ein attraktives Gehalt sind nicht mehr die entscheidenden (Lock-)Argumente. Das muss mehr sein, damit jemand bereit ist, den Vertrag zu unterschreiben. 



Wie man die besten Talente findet.gif

PPS: Neulich fiel mir dieser Beitrag bei LinkedIn in die Hände. Gleich mal einen Screenshot gemacht …

Steve Plesker → schreibt:

Ich habe letzte Woche rund 300 Bewerbungen gelesen. Ein paar Gedanken dazu:

1. Die ersten 60 Sek. sind entscheidend.
2. Inhalt vor Schönheit. Es geht um Euch, nicht um Design.
3. Ausführlichkeit ist keine Tugend. Kommt auf den Punkt.
4. Fotos wirken immer. Nicht immer positiv. Lasst sie lieber weg.
5. Massenbewerbungen erkennt man. Glaubt mir.
6. Arbeitslosigkeit ist kein Sabbatical. Und das ist auch okay.
7. Im Anschreiben geht‘s um die Motivation. Euren Lebenslauf kenne ich, sonst würde ich das Anschreiben nicht lesen.
8. Ihr habt die Möglichkeit anzurufen? Nutzt das, um Euch zu platzieren.
9. Euer Instagram Account macht Euch nicht zum Social Media Manager. Bleibt realistisch.
10. Traut Euch Charakter zu zeigen. Wenn Ihr deshalb nicht eingeladen werdet, dann ist es vermutlich besser so.

Wie würdet Ihr die Liste fortsetzen?

Die berechtigte Frage von Dr. Michael Trautmann → kam prompt:

Müsst Ihr Euch nicht um die besten Talente bewerben?