Ich hab echt Bock zum Aufräumen.



Based on a True Story





Lesezeit: 5 min

 
 

„Nur ein Genie beherrscht das Chaos.“

„Wer Ordnung hält, ist zu faul zum Suchen.“

„Chaos fördert die Kreativität.“


Man kennt ja diese Motivations-Sprüche, die irgendwo in diesen ganzen Büros rumhängen. „Ha,“ dachte ich mir immer, „Ich wusste es doch. Da ist der Beweis: Ich bin kreativ!“


Bullshit


Kreativ vielleicht. Aber besonders kreativ im Finden von Gründen, deine eigene Unordnung zu rechtfertigen. 

Jedenfalls geht man, wenn man solch einen Spruch mal wieder irgendwo gefunden hat, wie ein Goldschürfer mit stolz geschwellter Brust umher, der grad den Nugget seines Lebens gefunden hat. Und haut sich kräftig auf die eigene Schulter. Immer mit dem Gefühl, das Richtige getan zu haben. Immer. 



Unordnung nervt.



Ich kann zumindest für meinen Teil sagen, Unordnung nervt. Es geht mir auf den Sack, wenn ich irgendein Werkzeug mal wieder suche, weil es nicht dort an der Stelle liegt, wo es eigentlich liegen sollte. Da könnte ich fuchsig werden. (Wobei ich selbst derjenige war, der das Ding verlegt hat.)



Ordnung nervt auch. 



Das Gegenkonzept, also dass alles seinen Platz hat, dass alles immer aufgeräumt ist, dass immer gesaugt und frisch gewischt ist, kann auch nicht ganz im Sinne des Erfinders sein: Es bleibt kein Raum fürs Spontane, kein Raum für freie Gedanken, geschweige denn Raum fürs kreative Arbeiten. 



Kreativität braucht Freiraum. Produktivität braucht Ordnung. 



Die (gefühlte) Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, je nachdem, was eben jeder so braucht. Bei dem Einen schlägt man die Hände überm Kopf zusammen, wenn man in die Werkstatt kommt: Ein Berg von Werkzeug und Teilen, darüber eine Ferkellampe, damit die Schraubenschlüssel im Winter nicht so kalt sind.

Bei Anderen ist es wiederum immer so blitzeblanko sauber, da kann man bedenkenlos an der offenen Lunge operieren. Die falten allerdings auch ihre Unterhose vorm Bumsen. 




Jeder so, wie er es mag. 




Ich mag es irgendwie dazwischen. Ok, ok, ok, ich habe in den letzten Jahren schon ziemlich viel Zeug angesammelt, insbesondere Fahrräder. (Danke an Anja, dass Du mir die Freude gönnst und mich bei meinem Hobby unterstützst.) 


Manchmal braucht es eben auch den klaren Blick von außen, der einen da wieder auf Spur bringt. 


Aber wie schafft man das?


Vor allem, wie schafft man das ohne Streit? Also ganz im Sinne einer konstruktiv-produktiven-kooperativen Denke. 


Kennt ihr Marie Kondō →? Die Serie auf Netflix, die einem beim Ausmisten hilft? Ich hab am Anfang etwas ungläubig neben Anja auf dem Sofa gesessen und nur widerwillig mitgeschaut. Die Sendung hat mich genervt.

Was konnte so toll daran sein, einer zierlichen Japanerin dabei zuzusehen, wie sie fremde Kleiderschränke durchwühlt und entrümpelt?

Ich kann euch sagen, es lohnt sich, die Marie-Kondō-Methode einmal anzusehen. (Gibts bei Netflix: Aufräumen mit Marie Kondō (Tidying up with Marie Kondo))


Die Marie-Kondō-Methode


Im Kern geht es um zwei Dinge. Erstens: Sie zeigt Dir, wie man Platz schafft. Es geht um ganz pragmatische Dinge, wie man z.B. BH’s ineinandersteckt, damit sie Platz sparen. Oder wie man Socken oder T-Shirts übersichtlich verstaut. Wie man Hemden übersichtlich aufhängt. Kleine praktische Helfer im Alltag, sozusagen. 

Zweitens - und dies ist der viel wichtigere Kern - geht es um den Satz: „This Sparks Joy.“ 

Dabei wird der eigene Besitz in Kategorien eingeteilt und darauf geprüft, ob er einem Freude bereitet. 

Nimm deine Sachen in die Hand. Nicht alle auf einmal. Fang klein an, nur mit einem Thema, z.B. mit deinen Hemden. Oder Schuhen. Nimm also einfach ein Teil in die Hand und frage dich, ob dieses Teil in dir Freude entzündet? 


Does it Spark Joy? 


Wenn ja, behalten. Wenn nein, bedanke dich bei dem Hemd, bei dem Paar Schuhe oder bei dem, was du gerade in der Hand hast und sage: „Danke, dass Du mich bis hierhin begleitet hast” und verabschiede dich davon. Genau jetzt. Dann wirf es weg, sortier es aus oder verschenke es.

 

In diesem Moment ist dein Gepäck ein Stück leichter geworden. 

Noch besser, denn der Rest, der dann bei Dir bleibt, der zaubert Dir wirklich ein Funkeln in den Augen. Mit leichtem Gepäck geht es sich eben einfach leichter durchs Leben. 

Weisst Du, wie Du gutes Geschäft machst?

Es ist schon ein paar Jahre her, da stellte mir ein befreundeter Unternehmer genau diese Frage: „Weisst Du, wie Du gutes Geschäft machst?“ Ich war etwas verdutzt und wusste nicht so Recht eine Antwort darauf. „Wie meinst Du das?“ entgegnete ich ihm? Er wiederholte die Frage: „Weisst Du, wie Du gutes Geschäft machst?“ „Nee, kein Plan! Sag an!“

Lass einfach das schlechte Geschäft weg. 

Er sagte mir dann: „Lass einfach das schlechte Geschäft weg!“ Ich verstand nicht so ganz. „Wie meinst Du das?!?!?“ „So, wie ich das gesagt habe.“ „Ja, das habe ich gehört, aber was soll das denn heißen?“

Er nahm einen tiefen Atemzug und fragte mich dann: „Mit wieviel Prozent deiner Kunden machst Du Umsatz?“ „Mit fast Allen.“ antwortete ich. „Und mit wieviel Prozent machst Du gute Geschäfte?“ „Keine Ahnung, so 80% vielleicht.“ 

Einfach weglassen. 

„Und mit den restlichen 20%?“ „Ja, nicht so Gute!“ antwortete ich leicht angefressen. „Einfach weglassen“. Sagte er dann. „Hä? Wie meinst Du das?“

„Schau mal, wieviel Prozent deiner Zeit brauchst Du, um deine guten Kunden zu betreuen?“ „Aus dem Bauchgefühl heraus würde ich sagen: Die Hälfte etwa.“ „Und wieviel Prozent deiner Zeit beanspruchen deine nervigen Kunden? Also die, die nicht rechtzeitig zahlen? Die, die gar nicht zahlen? Die, die Deine Arbeit ankritteln, auch wenn Du schon alles geliefert hast? Oder die mit denen Du dich schlimmstenfalls vielleicht sogar vor Gericht wiedersehen würdest?“ „Weiss nicht, vielleicht auch so 50%,“ war mein Antwort. Und dann kam nochmal dieser Satz, den ich nie im Leben vergessen werde: „Einfach weglassen.“

„Ja, das habe ich gehört, aber was soll das denn heißen? Ich kann doch auf den Umsatz nicht verzichten.“ sagte ich, sichtlich verunsichert. „Doch, kannst Du. Mach einfach mal.“

Dieser Satz hat ein kleines Wunder bewirkt. 

Seitdem höre ich auf mein Bauchgefühl und laufe nervigen Kunden nicht mehr nach. Also die Kunden, die nach über einer Woche, nachdem das Angebot bei denen auf dem Tisch liegt, sich nicht zurückmelden ... nun ja, dann war der Druck wohl doch nicht so enorm wie am Telefon lauthals verkündet „Am besten gestern ...“

Kunden, die gar nicht erst anfangen zu verhandeln, sind auch meist die, die die erste Abschlagsrechnung erst gar nicht zahlen. Eine Zusammenarbeit ist dann eh nicht sinnvoll (Übrigens fangen wir erst an zu arbeiten, wenn die erste Abschlagszahlung auf dem Konto ist...)

Kunden, die bereits bei der Vorbesprechung andeuten, dass sie andere Kreative vor uns nicht bezahlt hätten ... dann geht mein Zeigefinger langsam auf den Rand meines Macbooks ... und dann klappe ich ihn langsam zu. Ganz langsam. Gaaaannnz laaaaangsam …

Kunden, die mit Namedropping nur so um sich werfen … und versuchen wollen, sich in ein besseres Licht zu stellen. Mach das mit jemand Anderem. Nicht mit mir. Skip.

Kunden, die mich in den höchsten Tönen loben und gleichzeitig den Mitbewerber diskreditieren? Da denke ich mir nur: „Du sprichst doch, sobald ich hier aus der Tür raus bin, genauso über mich, wenn der Nächste hier bei dir am Tisch sitzt.“ Die Zeit kann ich mir sparen. Das kostet nur Zeit und Nerven. Und bringt kein gutes Geschäft. 

Wenn ich so zurück blicke, war dieser Satz „Einfachen weglassen“ mein persönlicher Golden-Nugget-Moment. Wir haben darauf hin hier bei uns eine Blacklist von Kunden eingerichtet, mit denen wir zukünftig kein Geschäft mehr zusammen machen. Es ist schon irre zu sehen, welche Unternehmer hier bei uns so glitzern und glänzen und toll dastehen ... und auf der anderen Seite, ohne mit der Wimper zu zucken, ihre Rechnungen nicht zahlen. Oder sich Dinge erarbeiten lassen und von anderen, günstigeren Mitbewerbern zur Ausführung bringen lassen. Die brauchen wir nicht.

These Doesn’t Spark Joy.

Also steckt euch den Finger in Po und verpisst euch. Und kommt nicht auf die Idee, hier nochmal auf meine Klingel zu drücken.

Irgendwie mag ich die Marie-Kondō-Methode. Sie würde es vermutlich nur etwas höflicher formulieren als ich. Das Ergebnis wäre dasselbe.

Sonnige Grüße

Jens